Leopold Mozart
1719 - 1787
Wolfgang Amadeus Mozart
1756 - 1791


 


Mozart an seinen Vater 

zum Tod der Mutter am 3. Juli 1778 in Paris
Paris, 9. Juli 1778

Ich hoffe, Sie werden bereitet sein, eine der traurigsten und schmerzhaftesten Nachrichten mit Standhaftigkeit anzuhören; Sie werden durch mein Letztes vom dritten in die Lage gesetzt worden sein, nichts Gutes hören zu dürfen. Den nämlichen Tag, den dritten, ist meine Mutter abends um zehn Uhr einundzwanzig Minuten in Gott selig entschlafen; als ich schrieb, war sie schon im Genuss der himmlischen Freuden, alles war schon vorbei. Ich schrieb Ihnen in der Nacht; ich hoffe, Sie und meine liebe Schwester werden mir diesen kleinen und sehr notwendigen Betrug verzeihen, denn nachdem ich nach meinen Schmerzen und Traurigkeiten auf die Ihrige schloss, so konnte ich es ohnmöglich übers Herz bringen, Sie sogleich mit dieser schrecklichen Nachricht zu überraschen. Nun hoffe ich aber, werden Sie sich beide gefasst gemacht haben, das Schlimmste zu hören und nach allen natürlichen und nun gar zu billigen Schmerzen und Weinen endlich sich in den Willen Gottes zu geben und seine unerforschliche, unergründliche und allerweiseste Vorsehung anzubeten. Sie werden sich leicht vorstellen können, was ich ausgestanden, was ich für Mut und Standhaftigkeit notwendig hatte um alles so nach und nach immer ärger, immer schlimmer mit Gelassenheit zu übertragen; und doch, der gütige Gott hat mir diese Gnade verliehen, ich habe Schmerzen genug empfunden, habe genug geweint. Was nutzte es aber? Ich musste mich also trösten. Machen Sie es auch so, mein lieber Vater und liebe Schwester! Weinen Sie, weinen Sie sich recht aus, trösten Sie sich aber endlich! Bedenken Sie, dass es der allmächtige Gott also hat haben wollen und was wollen wir wider ihn machen? Wir wollen lieber beten und ihm danken, dass es so gut abgelaufen ist; denn sie ist sehr glücklich gestorben. In jenen betrübten Umständen habe ich mich mit drei Sachen getröstet, nämlich durch meine gänzliche, vertrauensvolle Ergebung in [den] Willen Gottes, dann durch die Gegenwart ihres so leichten und schönen Todes, indem ich mir vorstellte, wie sie nun in einem Augenblick so glücklich wird, wie viel glücklicher dass sie nun ist als wir, so dass ich mir gewunschen hätte, in diesem Augenblick mit ihr zu reisen. Aus diesem Wunsch entwickelte sich mein dritter Trost, nämlich, dass sie nicht auf ewig für uns verloren ist, dass wir sie wiedersehen werden, vergnügter und glücklicher beisammen sein werden als auf dieser Welt. Nur die Zeit ist uns unbekannt, das macht aber gar nicht bang; wann Gott will, dann will ich auch. Nun, der göttliche, allerheiligste Willen ist vollbracht; beten wir also einen andächtigen Vaterunser für ihre Seele und schreiten wir zu andern Sachen; es hat alles seine Zeit. ...

Aus: Musik in der Schule, Band 5, Möseler Verlag, S. 40 f.